Episode 408
“Wilmington”
Drehbuch: Luke Schelhaas
Regie: Jennifer Getzinger
“Feel my heart. Tell me if it stops.”
(Roger MacKenzie)
ACHTUNG: Der folgende Text enthält Spoiler. Nicht nur Spoiler zur Serie und der aktuellen Folge, sondern auch zu allen Büchern von Diana Gabaldon, die bis zum heutigen Datum erschienen sind.
Gratulation zur 50. ausgestrahlten Folge OL, die durch dieses tolle, interessante und abwechslungsreiche Drehbuch zu einer würdigen Jubiläumsepisode geworden ist. Obwohl diese Woche viel passiert, fühlt sich diese Episode nicht gehetzt und überladen an, sondern die Erzählstränge gehen von einem Punkt zum anderen nahtlos über.
Die Szenen zwischen Roger und Brianna sind, bis auf wenige Ausnahmen, sehr buchnah in diese Folge übernommen worden und sind wundervoll geschrieben und großartig von Richard und Sophie dargestellt. Schon in Folge 403 konnten wir feststellen, wie gut diese beiden Schauspieler miteinander harmonieren und auch in dieser Folge haben sie mich nicht enttäuscht. Ganz im Gegenteil, ich finde die Chemie zwischen ihnen auf dem Bildschirm bemerkenswert und sowohl Richard als auch Sophie alleine und vor allem gemeinsam brauchen sich nicht vor Sam und Cait zu verstecken.
Der zweite Handlungsstrang in dieser Folge, der sich mit Jamie und Claire, Tryon und einer Leisten-OP (man sollte eine Szene niemals abschreiben, bevor nicht OL endgültig abgedreht ist) beschäftigt, ist zwar frei erfunden, denn er kommt in den Büchern nicht vor (die ja auch, bis auf einige historische Ereignisse, frei erfunden sind), aber er ist trotzdem interessant geschrieben, kann aber meiner Meinung nach den Szenen zwischen Roger und Brianna nicht das Wasser reichen. Für mich sind Jamie und Claire in dieser Folge eher schmückendes Beiwerk, ohne das die Folge nicht perfekt gewesen wäre, aber das in erster Linie den Rahmen für unser neues Paar im OL Universum bildet. Gut gelungen finde ich auch, wie Murtagh in den Handlungsstrang der Fraser einbezogen wird und auch wir BL Dinge zu sehen bekommen, die neu und ab und an überraschend sind, denn obwohl ich nicht damit gerechnet habe, dass Murtagh von Tryons Männer gefangen genommen wird, wirklich wissen kann man es nie, oder?
“Wilmington”, es gibt in meinen Augen keinen passenderen Titel für diese Folge, denn wir feiern diese Woche nicht nur die 50. ausgestrahlte Episode, sondern eine absolute Premiere im OL Universum – alle Mitglieder der Fraser Familie (ausgenommen Ian – zu dumm, dass er in Brunswick Fässer für Jamies Whisky besorgen muss) sind erstmalig zur selben Zeit am selben Ort, so etwas hat es noch nie gegeben!
Diese Folge beginnt an irgendeinem Morgen im Jahre 1769 in Wilmington und endet in der Nacht desselben Tages ebenda. Seitdem wir die Frasers mit LJ und Willie auf FR gesehen haben, ist einige Zeit vergangen. Da die Serienverantwortlichen sich in Bezug auf explizite Zeitspannen und Zeitangaben gerne ausschweigen, mich es aber fast wahnsinnig macht, wenn ich nicht annähernd weiß, wann wir uns gerade befinden, habe ich ein wenig die Zeit-Puzzlestücke zusammengesetzt: Als Jamie die Übertragungsurkunde für FR im Februar 1768 unterschrieben hat, war Marsali im 5. Monate schwanger, das heißt, dass Germain im Juni 1768 geboren wurde und wenn er jetzt, laut Drehbuch, ein Jahr alt ist und es laut Brianna noch 4 Monate bis zum 21. Januar 1770 sind (der erstmögliche Tag für das zu erwartende Feuer), dann finden folglich die Ereignisse in dieser Folge im September 1769 statt. Übrigens müssten Roger und Brianna dann im Mai (vielleicht um Beltane?) durch die Steine gegangen sein, wenn man davon ausgeht, dass die Überfahrt von Schottland zur amerikanischen Ostküste durchschnittlich drei Monate dauert und man noch den Weg vom CnD zum Überseehafen einrechnet. Aber ob es im Mai noch Schneefall in den Highlands gibt, wie in der letzten Folge zu sehen war, ist wohl eher fraglich, aber nicht ausgeschlossen.
Familienidylle in Wilmington
Jamie und Claire nutzen ihren Aufenthalt in Wilmington in erster Linie für einen Besuch bei Fergus, Marsali und dem kleinen Germain. Der Theaterbesuch zu dem Tryon sie eingeladen hat, scheint eher zweitrangig zu sein, denn mal ehrlich, wer würde eine 14-tägige Anreise in Kauf nehmen, nur um ins Theater zu gehen?
Marsali steht ihr Mutterglück wirklich gut und wenn sie könnte, dann wäre sie schon lange vor Freude und Stolz geplatzt. Das Gespräch zwischen ihr und Claire ist sehr gefühlvoll, denn es spricht eine Mutter mit einer anderen über das, was man empfindet, wenn man Mutter ist. Die Unterhaltung erinnert Claire unweigerlich an Brianna und weckt die Sehnsucht nach ihrer Tochter, die sie permanent in sich trägt, und obwohl sie ihre Gefühle nicht laut äußerst, können wir ihr Sehnen nach einer Umarmung Briannas, ihre Schuldgefühle, sie allein und schutzlos zurückgelassen zu haben und ihr Bedauern, ihre Tochter niemals wiederzusehen, in Claires Augen sehen. Gut gemacht, Cait!
Ach, wenn Claire bloß das fühlen könnte, was Adawehi vorausgesehen hat, dann wüsste sie, dass Brianna nur einen Steinwurf entfernt und zum Greifen nahe ist und müsste sich nicht mit ihren Erinnerungen an ihre Tochter zufrieden geben, sondern könnte sie endlich in ihre Arme schließen. Claires Aussage, dass man seine Kinder nicht vor allem beschützen kann, beschreibt mit wenigen Worten das, was alle Eltern irgendwann einsehen müssen, damit ihre Kinder sich zu selbständigen und selbstbewussten Erwachsenen entwickeln, auch wenn es eine verdammt harte Lektion ist, die man als Elternteil lernen muss.
Ein Theaterstück in Wilmington
Jamie und Claire können sich bestimmt interessantere Dinge vorstellen, als ihren gesellschaftlichen Verpflichtungen als Großgrundbesitzer von 10.000 Morgen Land in der Wildnis nachzukommen. Aber Eigentum verpflichtet nun einmal und so sind sie im Theater anzutreffen, obwohl sie wohl lieber, wie Roger und Brianna, ein Revival ihrer Hochzeitsnacht feiern würden.
Übrigens sind die Kleidungsstücke, die Jamie und Claire tragen, alte Bekannte, denn Jamies Weste begleitet uns schon seit Pariser Zeiten und auch auf LJs Ball in Jamaika und bei Jocastas Dinnerparty hat er sie bereits getragen. Dort konnten wir auch Claires Kleid, das sie in der heutigen Folge trägt und das Phaedre für sie in Folge 402 aus einem ausrangierten Kleid von Jocasta umgearbeitet hat, das erste Mal bewundern.
Das Theaterstück, zu dem Tryon die Frasers eingeladen hat, heißt “The Prince of Parthia” und es ist das erste Theaterstück, das von einem Amerikaner, namens Thomas Godfrey, geschrieben wurde und dessen Uraufführung am 24. April 1767 in Philadelphia stattgefunden hat.
Das Set für das Theater wurde vom Set Departement in nur 48 Stunden in St Andrew’s in the Square errichtet. Das ist eine ehemalige Kirche aus dem 18. Jahrhundert in Glasgow, in der heutzutage Veranstaltungen stattfinden. Die Dreharbeiten fanden dort im März diesen Jahres statt und falls ihr euch erinnern könnt, gab es viele BTS Fotos von Darstellern, eingehüllt in blaue Regencapes, zu sehen.
Ich habe kein Problem damit, dass George Washington bereits in Staffel 4 sein OL TV Debüt gibt und Jamie und Claire ihn nicht erst inmitten der Amerikanischen Revolution treffen werden, wie in Band 8. Nicht nur erfreut sich das Theaterstück, das sich Jamie und Claire angucken, einem echten historischen Hintergrund, sondern auch Claires “chopping down cherry trees” Aussage. Es gibt eine Legende über George Washington, die sich um einen Kirschbaum dreht und für die Ehrlichkeit dieses Mannes steht und daher serviert man zum Andenken an ihn an seinem Geburtstag gerne Kirschkuchen. Unter diesen Links findet ihr noch nähere Informationen dazu: Link 1 und Link 2 Ich liebe diesen Moment, wenn Claire mit ihrem Zeitreise-Wissen mal wieder für Verwirrung sorgt, besonders, weil sie ein Ereignis erwähnt, das niemals wirklich gab sondern das sich ein Autor Jahre nach Washingtons Tod ausgedacht hat. Übrigens sind nicht nur George Washington und Gouverneur Tryon historische Figuren, sondern auch Edmund Fanning, der arme Mann mit dem Leistenbruch.
Wenn Jamie und Claire, zusammen mit dem Rest der Abendgesellschaft, das Theater betreten und Tryon mit Stolz geschwellter Brust erwähnt, dass der Bau mit Steuern bezahlt wurde, so wie auch sein Palast in New Bern, kann ich den Standpunkt von Murtagh, der sich als Anführer der hiesigen Regulatoren mit allen Mitteln gegen die korrupte Steuerpolitik des Gouverneurs wehrt, nachvollziehen. Es entsteht der Eindruck, dass die Steuereinnahmen der oft armen und hart arbeitenden Farmer wohl eher dazu dienen, der Oberschicht ihren Luxus zu ermöglichen und zu versüßen, anstatt dem Gemeinwohl zu Gute zu kommen. Im weiteren Verlauf des Theaterstücks offenbart Tryon Jamie, dass er den Regulatoren eine Falle gestellt hat, um ihren Anführer, einen Mann namens Murtagh Fitzgibbons, endlich dingfest zu machen. Jamies Gesichtsausdruck ist für den Bruchteil einer Sekunde so entsetzt, als ob Tryon ihm gerade erzählt hätte, was Brianna in diesem Augenblick mit Roger im Schuppen so macht. Fortan gilt Jamies gesamte Aufmerksamkeit der Ausarbeitung eines Plans, wie er Murtagh warnen kann, ohne seine Verbindung zum Gouverneur zu gefährden. Als Erstes bietet er ihm seine Unterstützung an, indem er mit Tryons Männern zu dem Überfall reiten möchte, aber der Gouverneur geht erst gar nicht auf Jamies Vorschlag ein und da kommt Fanning ins Spiel, der links neben Jamie sitzt und sich seinen schmerzenden Unterbauch hält. Zwar verhält sich Jamie nicht sehr gentleman-like, wenn er Fanning seinen Ellbogen in den Bauch boxt, aber ich denke, er würde auch weitaus unehrenhafteres machen, um das Leben seines Patenonkels zu retten – manchmal muss man halt Schlechtes tun, um Gutes zu bewirken. Die anschließende Szene, in der Jamie ein Ablenkungsmanöver in Form eines medizinischen Notfalls um den sich vor Schmerzen krümmenden Fanning kreiert und mit seinem Ausruf “This man needs a surgeon!” alle Aufmerksamkeit auf den Patienten lenkt, lässt mich schmunzeln. Wirklich schlau durchdacht, JAMMF und seine anschließende echte Sorge, dass er Fanning am Ende doch umgebracht haben könnte, rehabilitiert Jamie auch wieder in seiner Ehre. Claire verschafft sich, dank ihrer langjährigen Erfahrung als Chirurgin, schnell einen Überblick über Fannings Gesundheitszustand und beruhigt Jamie, da er dem Patienten wohl eher einen Gefallen getan hat, als ihm zu schaden. Und immer dann, wenn Claire ihre Chirugen-Karte ausspielen muss und in den Emergency-Room-Modus wechselt, ist sie absolut Frau der Lage und erteilt auch in dieser Folge in gewohnter Manier eines Generalmajors Befehle, denn in ihrem OP hört alles auf ihr Kommando.
Obwohl mich der Handlungsstrang von Jamie und Claire nicht so sehr mitgerissen hat, wie Rogers und Briannas Geschichte, hat er mich trotzdem gut unterhalten. Sehr gut gefallen hat mir der Teil, in dem man sieht, dass sich Jamie und Claire auch ohne Worte verstehen, dass sie als eine Einheit zusammenarbeiten und sich blind vertrauen. Claire merkt Jamie, sofort an, dass etwas nicht stimmt und sie rettet mit der Operation nicht nur Fannings Leben, sondern verschafft Jamie wertvolle Zeit, indem sie Tryon in die Operation so einbezieht, dass all seine Aufmerksamkeit dem Geschehen auf dem Esstisch gilt. So kann Jamie, in dem Vertrauen, dass Claire tun wird, was getan werden muss, um ihm den Rücken frei zu halten, unbemerkt für einige Zeit verschwinden, um Murtagh zu warnen, der ganz in Robin Hood Manier die ungerechtfertigten Steuereinnahmen stehlen möchte, um sie an die Armen zu verteilen. Fergus erledigt seine Arbeit als rechte Hand von Jamie wieder einmal exzellent und schafft es rechtzeitig, ihn über Tryons Falle zu informieren. Obwohl es unserem Robin Hood 2.0 und auch seinen Augenbrauen missfällt, dass Jamies lieber ins Theater geht, als ihm persönlich über das Vorhaben des Gouverneurs in Kenntnis zu setzen, freut sich Murtagh umso mehr, Fergus wiederzusehen. Ich denke, dass Jamie seinem Patenonkel nach ihrem Wiedersehen in Woolam`s Creek auch ausführlich über seinen Adoptivsohn berichtet hat – sowohl von den Schattenseiten seines Lebens und dabei insbesondere über die Umstände, die zum Verlust seiner Hand geführt haben, als auch über das Glück, das er mit Marsali gefunden hat und das durch Germain noch perfekter geworden ist. Ich bin gespannt, wie sich die Storyline von Murtagh in den kommenden Episoden entwickeln wird, da er jetzt weiß, dass sich ein Spion in seinen Reihen befindet.
Der absolute Verlierer dieses Abends ist, abgesehen vom armen Fanning, George Washington, der jetzt beim Gouverneur in Verdacht steht, die Regulatoren zu unterstützen. Sehr interessant finde ich übrigens, dass der echte Tryon an einem gescheiterten Komplott beteiligt gewesen ist, bei dem George Washington kurz vor Beginn der amerikanischen Revolution gekidnapped werden sollte.
Eine Hochzeit und eine Trennung in Wilmington
Wir sehen Roger, wie er mit Hilfe des Porträts von Brianna, das auf dem Scottish Festival gezeichnet wurde, nach ihr ganz Wilmington absucht und dabei auf den Drucker der Wilmington Gazette und auch auf Fergus trifft. Wenn Roger einige Zeit später seinen Frust und seine Verzweiflung in einer Taverne in Ale ertränkt, hört er eine ihm bekannte Stimme, die auf der Suche nach einer Reisemöglichkeit nach Cross Creek ist. Ich mag die Wiedersehens-Szene zwischen Roger und Brianna sehr, insbesondere den Dialog, der uns BL teilweise bekannt vorkommt, aber an manchen Stellen auch unbekannt ist. Besonders Rogers “What, and ye call tearin’ off into bloody nowhere a plan?” auf Brees Bemerkung, dass ihr Plan nicht vorgesehen hatte, dass er ihr folgt, finde ich sehr gut gelungen. Einzig Briannas Aussage aus dem Buch, dass er nicht folgen sollte, weil er ihr Anker in der Zukunft ist, der ihr die Rückkehr garantiert, fehlt mir an dieser Stelle.
Die Sequenz in der Roger Brianna am Arm nach draußen zieht, damit nicht die halbe Taverne ihr Gespräch mitbekommt, ist filmisch gut umgesetzt und lässt Lizzies spätere Interpretation der Geschehnisse, die sie sich aufgrund dessen, was sie gesehen und auch nicht gesehen hat, zusammenreimt, durchaus zu.
“I didn’t know how to tell you that I love you and I thought you’d try to stop me.” gesteht Brianna Roger und sie kann selbst in ihrem Zorn ihre Freude über dieses Gefühl nicht verbergen. Das ist alles, was Roger zu hören braucht und die Streitszene wandelt sich von jetzt auf gleich in eine Szene mit innigen Küssen, die den Wunsch nach einen ruhigen Ort, an dem sie ihre Liebe und ihr Wiedersehen feiern können, wecken. Da kommt den beiden Turteltäubchen der Schuppen, in dem Roger laut Skript schläft, sehr gelegen.
Das Roger und Brianna Theme, das wir das erste Mal in Folge 403 gehört haben, als sich die beiden auf dem Flughafen in Boston wiedersehen, kommt in dieser Folge voll auf seine Kosten, denn es untermalt alle Roger und Brianna Szenen wundervoll, vor allem das Handfasting und setzt den Beginn der zweiten großen Liebes- und Lebensgeschichte im OL Universum musikalisch gekonnt in Szene. Ich mag diese leichte, melancholische, und manchmal auch traurige Melodie sehr und die Geige harmoniert wunderbar mit den Gitarrenklängen.
Rogers Erklärung des Handfastings ist fast wortwörtlich aus dem Buch entnommen und ich liebe den Ausdruck der puren Freude auf seinem Gesicht, wenn er realisiert, dass Brianna mit ihrem “Let`s do it.” dem Handfasting zugestimmt hat und die filmische Umsetzung des Eheversprechens ist perfekt gelungen.
“You’re the most beautiful woman I’ve ever seen.” stellt Roger fest, wenn er seine Frau das erste Mal sieht, wie Gott sie erschaffen hat und sagt unbewusst das Gleiche, das Jamie zu Claire in der Wiedervereinigungsszene in der Druckerei gesagt hat. Die anschließende Hochzeitsnacht, gespickt mit Sätzen aus dem Buch, wie Rogers “Feel my heart. Tell me if it stops.”, ist äußerst geschmackvoll und sinnlich, so wie wir es von OL gewohnt sind, denn in dieser Serie ist eine Sexszene niemals nur Sex, sondern hat immer einen Grund und erzählt eine Geschichte. Dieser intime Moment zwischen Roger und Brianna zeigt, dass zwei Menschen, die sich über alles lieben und die sich gerade ein gemeinsames Leben versprochen haben, nicht nur ihre Herzen und Seelen vereinen, sondern auch ihre Körper eins werden lassen. So kreieren Brianna und Roger ihre eigene unvergessliche und einzigartige Hochzeitsnacht und obwohl sie sich sowohl als Individuen als auch als Paar von Jamie und Claire sehr unterscheiden, erinnern mich diese zärtlichen Momente an deren epische Hochzeitsnacht. Ist euch aufgefallen, dass man das erste Mal Briannas Lockenpracht bewundern kann, da sie die Haare endlich einmal offen und nicht geglättet trägt?
Auch das Bettgeflüster kommt im Hause MacKenzie nicht zu kurz und wenn Brianna mit Roger über das Feuer spricht, in dem ihre Eltern umkommen werden, verrät er sich mit einer unbedachten Äußerung und Richards Gesichtsausdruck in dieser Sequenz ist unbezahlbar. Die daraus resultierende Streitszene, die sich schnell in eine Tragödie verwandelt, ist einfach nur großartig – gut geschrieben und brillant umgesetzt und Brianna macht ihrem Fraser Temperament alle Ehre. Die Auseinandersetzung gerät schnell außer Kontrolle, denn beide sagen Dinge, die sie nicht so meinen und vor allem hören sie dem anderen nicht zu. Roger und Brianna sind zu Beginn ihrer Ehe kein Paar, das gut im Bereich der Kommunikation harmoniert. Miteinander reden und verstehen, was der andere damit meint, ist etwas, das sie sich im Laufe ihres gemeinsamen Lebens hart erarbeiten müssen, denn im Gegensatz zu Jamie und Claire, die sich von Anfang an fast blind verstanden haben, verfügen Roger und Brianna nicht über diese Eigenschaft. So ist es während ihres Streits nicht verwunderlich, dass sie schnell an den Punkt kommen, wo die Worte den anderen nicht mehr erreichen und Rogers verzweifelte und wütende Bitte an Brianna “….so maybe it’s time you listened to me.” ist ein sehr gutes Beispiel für ihre Kommunikationsschwierigkeiten in hitzigen Situationen. Brianna interpretiert sein “listen to me”, als den Befehl “to do what you say”, aber es ist nicht das, was er gesagt und gemeint hat und wie schon auf dem Scottish Festival reden sie zwar miteinander, aber in unterschiedlichen Sprachen. Diesmal ist es Roger, der von Brianna falsch oder nicht verstanden wird, so wie Brianna ihm ihre Ansichten in Folge 403, in Bezug auf eine Ehe, nicht verständlich machen konnte. So eskaliert das Wortgefecht und endet schließlich damit, dass Brianna Roger verbal ins 20. Jahrhundert zurückschickt, weil der ganze Abend und ihr Handfasting und das, was danach passiert ist, ein großer Fehler gewesen sein soll. Als Brianna realisiert, was sie mit ihren harten Worten angerichtet hat, ist es leider zu spät, um das Gesagte wieder zurückzunehmen, denn Roger ist tief verletzt und wutentbrannt aus dem Raum gestürmt. Das Einzige, was ihr jetzt noch bleibt, sind ihr Bedauern und ihre Schuldgefühle, die sich in bitteren Tränen Bahn brechen.
Diese Szene ist perfekt und das einzige Problem, das ich habe, ist, dass Roger die Szene verlässt und nicht so wie im Buch Brianna. Stand der Dinge jetzt geht Brianna davon aus, dass Roger bereits auf dem Weg in die Zukunft ist. Warum sollte sie dann auf FR auf ihn warten? Das ist übrigens ihr einziges Argument, warum sie nicht allein durch die Steine reist, solange es ihr Zustand noch zulässt und warum sie auch niemanden anderen heiraten will, denn sie wartet darauf, dass Roger sie auf FR findet. Wie soll dann das ganze Drama um die MacKenzie/Wakefield Verwechslung passieren? Ich hoffe sehr, dass Roger und Brianna in der nächsten Folge noch einmal aufeinander treffen, damit diese Fragen geklärt werden und der kommenden Handlung aus Band 4 nichts im Wege steht.
Wenn es Nacht wird in Wilmington
Ich liebe es, wie Ed seinem Charakter diesen ganz besonderen gruseligen Charme verleiht, der Bonnet absolut unberechenbar macht, denn niemand weiß, ob er gerade seine gute oder seine dunkle Seite zeigt und seine Stimmung kann binnen weniger Sekunde umschlagen. Daher ist für mich Bonnet einer der grausamsten Widerlinge, der uns im OL Universum jemals begegnet ist, denn ihn kümmert das Wohlergehen seiner Mitmenschen allenfalls den Wurf einer Münze und er nimmt sich immer das, was er will. Brianna ist ihm vollkommen egal und sie ist austauschbar, denn sie ist nur irgendeine Frau, die zur falschen Zeit am falschen Ort ist. Für Bonnet ist das, was er ihr antut, einfach eine geschäftliche Transaktion – seine sexuelle Befriedigung gegen Claires Ring.
Ich bin sehr dankbar, dass wir Briannas Vergewaltigung nicht mit ansehen, sondern “nur” mit anhören müssen, aber ich kann nicht sagen, dass der Horror und die Brutalität, denen Brianna in dem Zimmer hinter den geschlossenen Türen ausgesetzt ist, dadurch weniger Gewicht bekommen. Ich fand diesen Moment kaum auszuhalten und der Gedanke, dass Brees Erinnerungen an den glücklichsten Abend ihres Lebens und ihre wundervolle und zärtliche Hochzeitsnacht mit Roger von nun an unweigerlich immer mit ihrer Vergewaltigung verknüpft sein werden, bestürzt mich sehr. Aber noch unerträglicher macht diese schon schwer auszuhaltende Situation der Umstand, dass alle Leute im Schankraum genau wissen, was im Hinterzimmer vor sich geht und einfach mit dem, was sie gerade machen, fortfahren, so als ob nichts passieren würde und dass es ihnen egal ist, dass gerade hinter diesen verschlossenen Türen die Seele einer jungen Frau zerstört wird. Niemand zeigt eine Regung, wenn Briannas verzweifelter Ausruf “Somebody help me! Please, somebody help me!” in den Schankraum der Taverne dringt und mir wird schmerzlich bewusst, wie wenig das Schicksal eines Einzelnen, besonders das einer Frau, in diesen Zeiten wert gewesen ist und das sexuelle Gewalt gegen Frauen leider zur Tagesordnung gehört hat. “Though you know you would die trying, you can’t protect them from everyone and everything.” sagt Claire zu Beginn dieser Episode zu Marsali und wir sehen bzw. hören in diesem Moment die ganze bittere Wahrheit, die hinter ihrer Aussage steckt, denn wenn Brianna ihre Mutter oder irgendjemanden sonst in dieser Taverne braucht, der für sie eintritt und der sie beschützt, ist niemand da, um sie zu retten.
Die auf den Lärm und Briannas Hilfeschreie folgende Stille und die eindeutigen Geräusche, die Bonnet von sich gibt, sind mehr als ich hören möchte und ich wünsche mir, dass ich dem Ganzen Einhalt bieten, dass ich Bonnet nur mit der Kraft meiner Gedanken stoppen und dass ich Brianna retten könnte, aber ich kann es nicht.
Wenn sich Brianna langsam vom Tisch erhebt und die Kameraeinstellung nur auf sie fokussiert und ihre Umgebung unscharf zu sehen ist, spiegelt das den Zustand ihres Schocks wieder, in dem sie sich befindet, denn sie hat irgendwann ihren Körper von ihrer Seele getrennt, um das ertragen zu können, was Bonnet ihr antut. Mit den Worten “I pay for my pleasures.” überreicht Bonnet ihr den Ehering ihrer Mutter und es ist bricht mir das Herz, dass der Ring, der das Symbol der Liebe, der Verehrung und der Hingabe ihres Vaters zu ihrer Mutter ist, nun immer in Verbindung mit Bonnet stehen wird und mit dem, was er Brianna angetan hat.
Wilmington – eine Stadt, in der sich in der heutigen Folge so viel ereignet hat:
wir konnten an der Familienidylle junger Eltern teilhaben,
wir konnten sehen, wie ein Ehepaar so gut miteinander kommuniziert, dass es scheint, dass ihre Gedanken eins sind,
wir konnten Zeuge sein, wie sich zwei Menschen, die sich lieben, endlich zueinander finden und wie sie in nur wenigen Minuten ihr Glück zerstören,
und wir konnten feststellen, dass einem Paar Stiefel mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird, als dem Hilferuf einer verzweifelten Frau.
Wilmongton – eine Stadt, die für Brianna immer der Ort sein wird, an dem sie die zärtlichsten, aber auch die brutalsten Momente ihres Lebens erlebt hat.
Wilmington – eine Stadt, in der sich vielleicht nächste Woche Jamies Träume erfüllen werden, weil er seine Tochter das erste Mal in seinem Leben in die Arme schließen kann.
Je suis prest!
@ Yvonne Pirch
Behind The Scences (Drehbuch, Videos, etc.) Folge 408
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