Episode 510
“Mercy Shall Follow Me”
Drehbuch: Megan Ferrell Burke
Regie: Annie Griffin
“If you fall, Roger Mac, know I will avenge you.”
(Jamie Fraser)
ACHTUNG: Der folgende Text enthält Spoiler. Nicht nur Spoiler zur Serie und der aktuellen Folge, sondern auch zu allen Büchern von Diana Gabaldon, die bis zum heutigen Datum erschienen sind.
Diese Folge ist nicht so großartig, wie die letzten drei, aber sie ist trotzdem sehenswert und fühlt sich für mich immer noch wie Outlander an. Die sechzig Minuten Sendezeit haben mich gut unterhalten und dieses Katz und Maus Spiel zwischen Brianna und Bonnet hat mich sehr stark an das zwischen Claire und BJR in Folge 106 “The Garrison Commander” erinnert. Die Serienverantwortlichen haben es wunderbar geschafft, Bonnets Storyline, die sich ja eigentlich noch bis in Buch 6 zieht, so auf das Notwendigste zusammenzuraffen, dass seine Geschichte im Vergleich zum Buch immer noch stimmig ist und in einer einzigen Folge erzählt werden kann. Wenn ich ehrlich bin, ist das Zusammenlegen von Bonnets Storyline ein sehr gelungener Schachzug der OL-Verantwortlichen, da sie in der nächsten Staffel nicht noch einmal auf diesen Charakter, der in Dianas Büchern seit “Der Ruf der Trommel” immer wieder auftaucht, zurückkommen müssen. So haben sie in der 6. Staffel mehr Zeit für die umfangreiche Handlung und wichtigen Charaktere aus “Ein Hauch von Schnee und Asche”, denn von den Bugs haben wir bis jetzt noch nicht viel gesehen, das Jakobiten-Gold auf River Run ist bis jetzt eher ein Mythos aus vergangener Zeit, Tom Christie und seine Kinder leben auch noch nicht auf FR und bis dato hat YI noch kein Wort über das Tagebuch von Ottertooth verloren. Auch werden wir in Staffel 6 Mandy begrüßen dürfen und es muss zwingend ihre Story und die damit verbundenen schwerwiegenden Entscheidungen für die Frasers/MacKenzies gezeigt werden. Neben dem Effekt, dass die Serienverantwortlichen durch Briannas vorgezogene Entführung mehr Raum für andere Handlungsstränge haben werden, glaube ich, dass ein Buch offene Enden besser verkraften kann, als eine Serie. Mir passiert es bei Serien, deren Inhalt ich nicht aufsauge wie ein Schwamm, so wie ich es bei OL mache, sondern die ich einfach zu meiner Unterhaltung konsumiere, dass ich nach einem Jahr Stafffelpause manchmal gar nicht mehr so genau weiß, was der eine oder andere Nebencharakter im Detail getan hat oder wie er sich in die Story der Hauptcharaktere einfügt. Daher ist es meiner Meinung gut so, dass Bonnet besser ein Ende mit Schrecken gefunden hat als zu einem Schrecken ohne Ende zu werden. Nach dieser Folge stellt sich bestimmt vielen BL die ein oder andere Frage – jetzt, wo Bonnet schon in Staffel 5 gestorben ist und somit nicht mehr für die 6. Staffel zur Verfügung steht, wie werden sich Brianna und William treffen? Werden Brianna und Roger den Steinkreis auf Ocracoke finden? Ich sehe da keine Probleme, denn ich vertraue in das Talent der Serienverantwortlichen die verbleibende Handlung aus Buch 6 so mit der der Serie zu kombinieren, dass am Ende alle wichtigen Ereignisse stattfinden können, auch wenn Bonnet aus Sicht der BL eine Staffel zu früh gestorben ist.
Ich weiß nicht, ob ich das überinterpretiere, aber für mich ersetzen die Zugvögel, die man sowohl nach der Szene am Strand, wenn Brianna von ihrer Familie befreit wird, als auch nach Bonnets Urteil, das am Ufer gesprochen wird, die Einblendung 3-6 Monate später, denn die Vögel fliegen in der einen Szene in die eine und in der anderen Szene in die genau entgegengesetzte Richtung. Was mir noch aufgefallen ist, dass wir mit dieser Episode unseren ersten Meilenstein in dieser Staffel erreicht haben, denn wir haben alle Opening Credits-Aufnahmen jetzt auch in den Episoden gesehen – Claire und Brianna, die über den Strand in Wilmington laufen, fehlte noch in der Liste dieser Momente.
Ich habe schon lange nicht mehr über die musikalische Untermalung in den Folgen gesprochen, vielleicht auch, weil die wundervollen Melodien, die Bear komponiert, immer zugegen sind, aber für mich nicht so sehr heraus gestochen haben, als dass ich sie explizit erwähnen wollte. In dieser Episode ist mir aber Bears Talent die richtige Musik zur richtigen Zeit einzusetzen besonders aufgefallen, denn sie hat das Gefühl, das in uns Zuschauern beim Ansehen einer Szene entstehen soll, verstärkt. So finde ich, dass die sanfte Melodie, die Claire und Brianna begleitet, wenn sie am Strand die Wale beobachten, einem das Gefühl von kostbarer Schönheit und Vollkommenheit vermittelt, wenn sich diese riesigen, tonnenschwere Tiere majestätisch und grazil aus dem Wasser erheben. Auch die Flöten, die spielen, wenn Claire von der Düne aus Brianna am Strand beobachtet, verstärkt ihr Lächeln und ihren Gesichtsausdruck von Zufriedenheit und Glückseligkeit. Das Bonnet Theme ist eines der Besten, das Bear für einen OL-Charakter geschrieben hat, denn diese anfängliche creepy-klingende Melodie (welches Instrument macht eigentlich diesen schauderhaften Ton – eine Geige, eine Harfe?), die dann in eine irisch angehauchte übergeht, beschreibt treffsicher das, was Bonnet ist – ein unberechenbarer, furchteinflössender, schauderhafter Widerling in dessen Gesellschaft die eigenen Nerven zum Zerreißen gespannt sind. Selbstredend, dass sich Bear für den Abspann für das Bonnet Theme entschieden hat, denn diese Folge war über und mit und wegen Stephen Bonnet. Ed ist in dieser Folge wirklich fantastisch und er verkörpert diesen hinterhältigen, manipulativen Widerling so, als ob ihm die Rolle auf den Leib geschrieben wurde. Wer hätte gedacht, dass er seinen Charakter so gefährlich, gruselig und abstoßend, aber auch so verletzlich, warmherzig und sympathisch darstellen kann und das alles zur selben Zeit, so dass mich Bonnet wirklich hat glauben lassen, dass ein Leben mit Brianna und Jemmy auf River Run sein absoluter Herzenswunsch ist.
Besser mit warmem Händen geben….
Das Gespräch zwischen Bonnet und Pippin Gerald Forbes ist zu Anfang sehr unterhaltsam – ich mag besonders Bonnets Aussage “So I suggest you behave more as my lawyer and less as my priest.”. Aber die Unterhaltung erreicht schnell einen Punkt, wo klar wird, wie böse und hinterhältig ihre Absichten sind und dass beide Männer eine Bedrohung nicht nur für die Fraser/MacKenzies, sondern auch für Jocasta und Duncan sind.
Jocasta empfängt Forbes auf River Run in dem Zimmer, in dem ihre Sitzmöbel aus diesem wunderschönen Stoff stehen. Ich frage mich, ob Ikea diese vielleicht ins Sortiment aufnehmen könnte, denn ich würde mir liebend gern so ein Sofa in mein Arbeitszimmer stellen. Dann könnte ich immer auf diesem sitzen und meine Reviews schreiben – was für ein herrlicher Gedanke!
Die Szene zwischen Jocasta und Forbes auf River Run hat mich wirklich gut unterhalten und ich liebe es, wie großartig Maria Jocastas Plan, den einfältigen Anwalt an der Nase herumzuführen, schauspielerisch umsetzt, vor allem vergöttere ich sie für die Betonung des Wortes “indeed”. Jocasta täuscht vor, dass sie ihre Familie reichlich beschenken will – 170 Pfund für Fergus, Marsali und ihre Kinder, 200 Pfund für YI, 1.000 Pfund für die MacKenzies und 25 Pfund für Lizzie. Bei der Zuwendung an Lizzie verliert Forbes vollends seine Contenance und versucht, Jocasta mit einem Kissen zu ersticken. Sein Mordversuch hat mich schon etwas erschrocken, weil ich ihm nicht zugetraut habe, einen Mord aus Habgier zu begehen. Für einen kurzen Augenblick sorge ich mich um Jocasta, aber glücklicherweise ist Ulysses zur Stelle.
Habt Ihr bemerkt, dass er Jocasta beim Vornamen nennt und dass er ihre Hand küsst, wenn sie nicht sofort das Bewusstsein wiedererlangt? Ob Ulysses vielleicht in Staffel 6, jetzt wo Murtagh tot ist, Jocastas heimlicher Liebhaber wird, so wie im Buch? Wie werden sie sich wohl Forbes Leichnam entledigen? Als BL denke ich, man könnte die Leiche bestimmt im Mausoleum von River Run verschwinden lassen, denn ich glaube, wir werden in Staffel 6 noch etwas über das Franzosen-Gold erfahren und da würde das Mausoleum doch wunderbar reinpassen.
Apropos Murtagh: Was ich an Jocastas Outfit vermisst habe, ist Murtaghs Luckenbrooth – ich dachte, sie würde es nach seinem Tod niemals wieder ablegen, so wie Claire Jamies Ehering.
Ein wundervoller (?) Tag in Wilmington
Claire und Brianna erleben zu Anfang dieser Folge einige wunderschöne Mutter-Tochter-Momente. Zunächst führt sie ihr Einkaufsbummel durch Wilmington zum ortsansässigen Glasbläser, der für Claire einen Glaszylinder herstellen soll, den sie später für ihre Spritze nutzen kann. Köstlich amüsiert habe ich mich über den verwunderten Gesichtsausdruck des Glasbläsers, wenn Claire begründet, warum sie Glas als Material bevorzugt – “ but I find glass is easier to sterilize.”, genauso wie über Claire, die sich ertappt fühlt und sterilisieren durch reinigen ersetzt, damit der Handwerker sie versteht.
Auf dem Weg zum Schmied, der die Nadel für die Spritze herstellen soll, führen Claire und Brianna ein Gespräch über Jamies neun Leben. Claire sagt zu ihrer Tochter: “Your father has a knack for getting himself almost killed every time he gets out of bed. I swear, he’s like a Cat – nine lives, possibly more.”. Mich erinnern Claires Worte an Jamies Begegnung mit einer Wahrsagerin in Paris, die er dort zu seiner Universitätszeit getroffen hat und die ihm neun Nahtoderfahrungen prophezeit hat, bevor er sterben wird und an die in “Ein Hauch von Schnee und Asche” (Kapitel 10 “Großmutter Bacons Geschenke”) zurückdenkt.
Sehr genossen habe ich die ruhige Szene mit Claire und Brianna am Strand, wenn sie Muscheln sammeln und sich an alte Zeiten erinnern, insbesondere den Ausdruck von Glückseligkeit und Zufriedenheit auf Claires Gesicht. Aber OL wäre nicht OL, wenn dieser Moment von Frieden und innere Ruhe nicht alsbald vorbei wäre und so ist es diesmal Bonnet, der Claires Seelenfrieden und Briannas Unbeschwertheit stört. Bonnet bedroht Claire mit einem Messer und sie wird von ihm, nachdem Briannas Schuss auf ihn vergebens gewesen ist, weil ihre Waffe nicht gezündet hat, k. O. geschlagen. Irgendwann wacht sie alleine am Strand auf und ruft vergeblich nach Bree, da sie keine Ahnung hat, wo Bonnet sie hingebracht hat, ob ihre Tochter unversehrt ist oder ob ihr schon Schlimmeres widerfahren ist. Könnt ihr euch vorstellen, wie verzweifelt und verängstigt Claire sein muss? Was soll sie als Nächstes machen? Wo kann sie Hilfe holen? Wird sie Jamie und die anderen finden? Werden sie Brianna jemals wiedersehen?
Codename “Alexander Malcom”
Das erste Mal überhaupt in OL kommen Jamie, Roger und YI als Team zusammen, um gemeinsam ihre Bonnet-Mission mit dem Codenamen “Alexander Malcom” durchzuziehen – etwas, das niemand, der nur bis zu der Folge geguckt hat, in der Roger von Jamie fast totgeschlagen und von YI an die Mohawks verkauft wurde, für möglich gehalten hätte. Sie geben ein wunderbares Team ab, alle drei arbeiten Hand in Hand, einer kann sich auf den anderen verlassen und obwohl Jamie der Leiter dieser Mission ist, hat Roger auch seine Highlights. “But he’s mine. I will take him. Brianna’s your daughter, but she’s my wife.” – mit diesen Worten setzt sich Rogers Siegeszug auf der Anerkennungsleiter seines Schwiegervaters fort, denn er spricht sie mit einer solchen Vehemenz und Überzeugung, dass Jamie seinen Wunsch nicht nur vollends akzeptiert und Roger gewähren lässt, sondern er Roger Mac mit seiner Antwort “If you fall, Roger Mac, know I will avenge you.” zu einem Mitglied seines Clans, seiner Familie erklärt, denn in den Highlands war Blutrache für ein getötetes Clanmitglied üblich. Roger gibt das Vertrauen, das Jamie ihm entgegenbringt postwendend zurück, denn auch er macht Jamie in diesem Augenblick zu einem Mitglied seiner Familie, weil auch er seinen Tod rächen würde, wenn es nötig sein sollte. Wenn ich in der Serie den Punkt benennen soll, an dem Jamie und Roger es endlich geschafft haben, eine Familie zu werden, sich ohne Vorbehalte zu respektieren und akzeptieren und Roger wirklich und wahrhaftig, und nicht nur verbal, Jamies “Son of my House” wird, dann ist es dieser Moment im Bootshaus von Wylies Landeplatz. Auch dieses freundschaftliche Necken zwischen beiden, was wir bereits aus der letzten Folge kennen, setzt sich in dieser fort – ich liebe es, wenn Jamie mit “You were doing so well, I didna think you needed the help.” antwortet, wenn Roger ihn fragt, warum er ihm bei seinem Zweikampf mit einem von Bonnets Männern nicht eher geholfen hat.
Roger steht am Ende der Episode immer noch zu seinem Wort, dass er derjenige ist, der sich Bonnet annimmt und spielt bei seiner Ergreifung eine entscheidende, vor allem aber auch eine aktive Rolle und er überrascht alle Anwesenden, mit welcher Vehemenz er seinen Worten Taten folgen lässt. Jamie weiß leider aus mehrfacher Erfahrung, was es heißt, einen Menschen, der ihm selbst oder seinen Liebsten Leid zugefügt hat, so sehr zu verabscheuen, dass man in diesem nur noch ein Monster sehen kann, das den Tod verdient hat. Roger, der in seiner Zeit immer behütet und beschützt aufgewachsen ist, hat sich als Oxford Professor niemals mit Entführung, Vergewaltigung, Demütigung und Folter beschäftigen müssen. Daher konnte er sich bis zu dem Augenblick, in dem Bonnet seine Frau, die er Jahre zuvor schon vergewaltigt hat, entführt und an einen Sklavenhändler verkauft, nicht vorstellen, wie stark das Gefühl der Vergeltung, der Rache sein kann und das es so überwältigend ist, dass es ihn dazu bringt, Bonnet am Strand fast zu Tode zu prügeln. Aber nicht nur Vergeltung ist die Motivation, die seiner Brutalität zugrunde liegt, sondern auch Wut auf Bonnet, weil er Brianna entführt hat, Wut auf sich selbst, weil er seine Frau (wieder) einmal nicht beschützen konnte, Angst davor, was Bonnet Brianna angetan hat und auch Erleichterung, weil er Brianna fast unversehrt wieder bekommen hat. All diese Gefühle brechen sich in diesem Augenblick am Strand Bahn, aber weil Roger kein Mörder, sondern nur ein überaus wütender Ehemann ist, kann er sich trotz dieser Emotionen, die gerade in ihm Achterbahn fahren, so beherrschen, dass er in dem Moment, wo Bonnet wehrlos und besiegt im Sand liegt, von diesem ablässt. Jamies und Rogers Blicke treffen sich, sein Schwiegervater nickt ihm zu und drückt so seine Bewunderung für Rogers Selbstkontrolle aus, denn er weiß selber, dass es einen Mann mehr Stärke und Kraft kostet, in Rage das Prügeln abzubrechen, als weiter und weiter zu machen.
Hüte dich vor dem Soziopathen
Das Hauptaugenmerk liegt in dieser Folge auf dem perfiden Katz und Maus Spiel, das Bonnet mit Brianna spielt und meiner Meinung sind alle Szenen, besonders die in Bonnets, exzellent geschrieben und genauso gut von Sophie und Ed gespielt und ich liebe die Dynamik, die sie in ihrem Zusammenspiel uns Zuschauern präsentieren. Wie bereits erwähnt, hat mich Ed mit seiner schauspielerischen Leistung begeistert, denn Bonnet ist in der einen Sekunde der charmante bemühte Gentleman und in der nächsten das gestörte unberechenbare Ungeheuer, das wir kennen. Will Bonnet wirklich ein Leben mit Brianna und Jemmy oder macht er ihr und uns die ganze Zeit nur etwas vor? Ehrlich gesagt, kann ich diese Frage nicht abschließend beantworten, da Eds Performance so perfekt, so facettenreich ist, dass Bonnet zwar unheimlich und unberechenbar erscheint, aber dabei so verdammt glaubwürdig ist, dass er kein Ungeheuer ist, sondern ein Mann mit ehrlichen, ernsthaften Gefühlen und Absichten. Daher weiß ich nicht, in welcher Sequenz Bonnet Brianna etwas vorgespielt hat und wann nicht oder ob er ihr am Ende gar nichts vorgespielt hat und er immer das empfunden und gemeint hat, was er gerade zeigt.
Nachdem Bonnet Brianna am Strand gekidnapped hat, wird sie auf seiner Couch in Ocracoke wach und das Erste, was sie sieht, ist, wie er am Tisch sitzt und eine Tasse Tee zubereitet. Man sieht in ihrem Gesicht die Verwirrung, denn Bonnet und Tee passen so gut zusammen, wie Regen und Sonnenbrille und auch Bonnets fortwährendes freundliches und höfliches Verhalten stiftet mehr Verwunderung als Sicherheit und das Geschenk, dass er für seinen Sohn gekauft hat, zeugt von einem ehrlichen Interesse an ihm. Brianna scheint von ihren Eltern deren Nervenstärke geerbt zu haben, denn auch unter diesem großem Stress denkt sie logisch und vorausschauend, so wie schon ihre Mutter und ihr Vater in den Begegnungen mit BJR. Auch zerbricht sie nicht unter dem herrschenden Druck, sondern sie navigiert sich äußerst geschickt und vorsichtig durch dieses Minenfeld, nicht wissend, ob und wann Bonnet explodiert. Brianna lässt sich auf seine Wahnvorstellung von einer gemeinsamen Zukunft mit ihr und Jemmy ein, sie wirkt beruhigend auf ihn ein und unterstützt ihn in seinem Wunsch, ein Gentleman und Vater zu werden, immer wissend, wie zerbrechliche dieser sanfte Bonnet ist und wie unberechenbar seine Reaktionen sein können. Daher bewundere ich sie wirklich sehr für ihre Antwort “A moral compass”, wenn Bonnet sagt, dass er etwas braucht, was man nicht kaufen kann und seine Reaktion darauf ist zum Glück ruhig, aber sie hätte auch durchaus anders aussehen können.
Beim Abendessen entwickelt sich zwischen Brianna und Bonnet eine Tischkonversation und ich kann sowohl mich als auch nur Bree warnen, sich nicht von Bonnets Charme einlullen zu lassen, denn der Schein trügt. Das ist die große Gefahr, wenn man sich mit einem Soziopathen auseinandersetzen muss, dass er weiß, wie er die Gefühle seiner Opfer manipulieren kann, um sie in falscher Sicherheit zu wiegen. Wie manipulativ Bonnet wirklich ist, sehen wir besonders in der Szene, wenn Brianna Bonnet Moby Dick “vorliest”. Im Anschluss an die Erzählung von Kapitän Ahab und seinem Wal, erzählt er Brianna von seinem schlimmsten Albtraum zu ertrinken und er bittet sie unter Tränen, ihm zu zeigen wie man liebt und wie man Trost spendet, weil er als Waisenkind nicht weiß, wie das geht. In diesem Moment hoffe ich sehr, dass Brianna sich nicht von Bonnet dahingehend manipulieren lässt, dass sie Mitleid für ihn empfindet, denn ich entwickle gerade ein leichtes Stockholm Syndrom, weil Bonnet mir in dieser Szene wirklich leid tut, da er der beste Beweis dafür ist, dass niemand böse geboren wird, sondern dass ihn die Umstände zu dem gemacht haben, was er heute ist.
Aber der nächste Morgen zeigt, dass Bonnets Verständnis, seine Sanftheit und seine Verletzlichkeit nur dann vorhanden sind, wenn er sie gebrauchen und wenn er damit die Gefühle seines Gegenübers zu seinen Gunsten beeinflussen kann. Brianna kann ihn nicht täuschen und er kauft ihr ihre Geschichte von einem Leben mit ihr und Jemmy nicht ab, denn obwohl er zwar zustimmt, sie gehen zu lassen, hat er das niemals vorgehabt, denn er ist zwar ein psychisch gestört, aber nicht dumm – er ist wirklich der perfekte Soziopath, wenn es für Soziopathie eine Rangliste geben würde und er ist ein Meister der Manipulation seiner Opfer. So zeigt er Brianna nach ihrem Kuss, der für seinen Geschmack nicht leidenschaftlich genug ist, sein wahres Gesicht. Er zeigt uns den Stephen Bonnet, den wir alle aus diversen Vorkommnissen der letzten beiden Staffeln kennen, ein Ungeheuer ohne Skrupel und Scham und ohne moralischen Kompass, der sich von einer Sekunde auf die andere von einem potenziellen Gentleman und Vater in einen ekelhaften Widerling verwandelt, der Brianna erst zwingt, ihr beim Sex mit der Prostituierten Eppie zuzugucken und sie dann für 6 Pfund an einen Sklavenhändler verkauft.
Barmherzigkeit?!
Bonnet wird zum Tode durch Ertrinken verurteilt und seine größte Angst wird wahr. Er ist an einen Pfosten gebunden, der im Wasser steht und wird ertrinken, sobald die Flut kommt und das Wasser steigt. Während alle Menschen, die anfänglich der Hinrichtung zusehen, sich abwenden und das Ufer verlassen, weil sie das Interesse an Bonnets Todeskampf verloren haben, schreit dieser weiter verzweifelt um Hilfe, aber niemand hört ihn, niemand hilft ihm, genauso wie in seinem schlimmsten Alptraum, von dem er Brianna auf Ocracoke erzählt hat. Plötzlich hält er inne, als würde er jemand sehen und ein Hauch von Erleichterung huscht über sein Gesicht und im nächsten Moment trifft ihn eine tödliche Kugel in die Stirn, die Brianna, die am Ufer steht, auf ihn abgefeuert hat.
“Was that mercy? Or was it to make sure that he’s dead?” fragt sie Roger und anders als im Buch bleibt Brianna die Antwort schuldig. Da die Serie keine Antwort auf diese Frage liefert, liegt es an jedem Einzelnen von uns für sich selbst eine zu finden. Meine Interpretation ist, dass Brianna Bonnet ohne Rachegedanken einen gnädigen Tod beschert und ich bewundere sie für ihre Stärke, dass sie diesem Widerling, der sie brutal vergewaltigt und entführt hat, ihr ihren Sohn stehlen wollte und sie an einen Sklavenhändler verkauft hat, hat Gnade zuteil werden lassen und ich bin sehr stolz auf die starke Ausprägung ihres moralischen Kompasses – ich weiß nicht, ob ich genauso gehandelt hätte. So schließt sich in der letzten Szene dieser Folge der Kreis, der damals in Folge 410, mit dem Gespräch zwischen Brianna und ihrem Vater über Bonnet und BJR, seinen Anfang gefunden hat, denn Briannas Akt der Barmherzigkeit ist ihr erster Schritt auf ihrem langen Weg der Vergebung, den auch sie, genau wie ihr Vater bei BJR, beschreiten muss, um irgendwann ihren Frieden mit Bonnet und dem, was er ihr angetan hat, schließen zu können.
Schade, dass wir uns von Bonnet trennen müssen – er war so ein guter, manipulativer, narzisstischer, lügender Bösewicht und es war immer eine Freude Ed Speleers dabei zuzuschauen, wie er ihm Leben einhaucht. Auch Pippin Gerald Forbes ist von uns gegangen, aber ihn werde ich nicht so sehr vermissen wie Bonnets soziopathischen Charakter, aber ich finde es bedauernswert, dass er mit zwei Ohren beerdigt wird und YI ihm vor seinem Tod nicht noch eins hat abschneiden können.
Auf die nächste Folge freue ich mich sehr, denn Diana hat das Drehbuch zu “Journeycake” geschrieben und meiner Meinung nach ist allein schon der Titel vielversprechend. Wenn die Episode nur ansatzweise so gut wird, wie Dianas letztes Skript für Folge 211 “Vengeance is mine”, dann werden wir wieder eine Episode voll von trockenem Diana-Gabaldon-Humor erleben, den wir alle so sehr aus den Büchern lieben. Wenn ich an Episode 211 zurückdenke, dann kann ich mich immer noch köstlich über die Szene zwischen Jamie und Murtagh amüsieren, wenn diese den auf gälisch geschriebenen Brief von Claire lesen.
Je suis prest!
@ Yvonne Pirch
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